Laubbläser

Testosteron im Blasebalg.

Jetzt erlaub‘ ich mir mal was: Für die Länge dieses Beitrags verlasse ich nämlich mal kurz das verheißungsvolle Arkadien wohlfeiler Anpreiserei und haue mal richtig mit lautem Wumms einen raus! Saisongerecht und einfach launisch für alle, die allherbstlich wie ich über das Laubblasen den Glauben an Sach und Verstand verlieren. Für diese Ventilöffnung riskiere ich gerne den Nebeneffekt vereinzelter Neubegeisterung für dieses wenigstens fragwürdige Blasinstrument.

Heldenpose in Wahrheit Heldenposse.

Nur, um eines gleich klarzustellen: Hier sollen nicht die städtisch beauftragte Straßenreinigung und pflichttreue Grünpfleger angezählt werden. Aber warum es dieses phallischen Herbstzubehörs überhaupt bedarf – diese Frage sei doch bitte mit Verlaub gestattet. Immerhin schneidet sich das krawallige Unding mit 85 bis 115 Dezibel gleichzeitig in die lauschige Stille des herbstlichen Blätterrieselns und unsere Ohren. Immer schön entlang der Straßen, die vielerorts im Zuge der allgemeinen Entlärmung selbst Schritt für Schritt auf Flüsterasphalt umgetrimmt werden. Weil nämlich Lautstärke ab einem bestimmten Pegel auf Dauer krank macht. Blanker Stress für Ohr und Mensch. Von dem nachbarschaftlichen Übergriff tosender Laubbläser werden leider dabei nur jene verschont, die selbst zu dieser Tatwaffe greifen und sich dafür eigens mit Gehörschutz ausrüsten. Sie werden wissen warum. Von der zusätzlichen Schadstoffbelastung durch die ausgestoßenen Emissionen der oftmals benzinbetriebenen Krachmacher mal ganz zu schweigen. Die bleibt selbst den Lungen jener nicht erspart.

Windiges Geschäft am Straßenrand.

Verrückt aber wahr: Laubbläser, Laubpuster und Laubsauger haben unfassbarer Weise tatsächlich ungebrochen Konjunktur. Jetzt könnte man die ketzerische These aufstellen, dass der gemeine Mann mit seinem ausgelebten Testosteron-Einschuss ja auch ungebrochen ein prähistorisches Phänomen zu bleiben scheint. Oder wenigstens will er uns das glauben machen, wenn es wieder mal heißt: Jungs, ran an die Büchsen, jetzt wird gejagt und gesammelt. Oder etwas anspruchsvoller formuliert: Lasst uns das Blatt wenden: die roten nach links. Die braunen nach rechts. Waidmannsheil! Bis zum nächsten Windstoß. Und dann wieder von vorn.

Klare Kante. Entlang des Bordsteins:

An Werktagen ist eine Ruhezeit einzuhalten – gilt auch für Laubbläser –
diese dürfen nur zwischen 9 und 13 Uhr sowie 15 und 17 Uhr betätigt werden.
Ausnahme hiervon: besonders geräuscharme Geräte, die das EG-
Umweltzeichen tragen, sind einsetzbar zwischen 7 und 20 Uhr.
Daran haben sich Privatpersonen ebenso wie Gewerbebetriebe zu halten.
Verstöße dürfen gemeldet werden!
Laut Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung muss an Sonn- und
Feiertagen in Wohngebieten dagegen ganztägig Ruhe herrschen.
  Das menschliche Gehör kann schon ab 85 Dezibel Schaden nehmen.
Auch der aufgewirbelte Feinstaub ist für die Atemwege allemal bedenklich.
Die vom Laubbläser ausgestoßenen und von uns eingeatmeten Benzinabgase sowieso.