Keine Kunst – kann weg

Big Brother oder Big Shit?

Trash kann toll sein. Auch im TV. Selbst für Cineasten, die sonst eine Homo Faber Verfilmung vorziehen würden, kann nach einem gefühlten 36-Stunden-Tag Stumpfsinn auf der Mattscheibe eine kurzweilige Erlösung sein. Unser Geist braucht Pausen. Pausen, in denen die Synapsen vom ständigen Jagdfieber nach Erfolg und Bestätigung wieder etwas abkühlen können. Da darfs auch mal etwas deftiger zugehen und gern auch mal maßvoll anspruchslos. Wenn wir dann allerdings bei unserem spätabendlichen Pilgern durchs Programm statt der erhofften Befreiung von unserer Alltagspein aus Versehen bei Promi Big Brother landen, passiert was Erstaunliches: Unseren letzten noch arbeitswilligen Gehirnzellen wird hier ein nihilistisches Spektakel geboten, das selbst geübteste Fremdschämer zum äußersten Anschlag bringt.

Hau den Lukas und reichlich Warten auf Godot oder so.

Als echte Galavorstellung tat sich entsprechend gestern das Finale selbiger Sendung hervor. Stunden, die man selbst noch mit einem Fahrplanstudium der Deutschen Bahn sinnvoller genutzt hätte. Warum? Es tat sich nix. Okay, doch. Es wurden Promis ausgestellt. Es wurden uns Einblicke in dunkelste Abgründe gewährt. Mehr noch: Es wurden uns miese Schauspieleinlagen als gefühlsecht verkauft. Der bittersüße Kakao wurde einfach mal endlos gestreckt, durch den die freiwillig internierten C-Sternchen der Unterhaltungsbranche am Ende der Staffel nochmal gezogen wurden. Warten auf eine bahnbrechende Neuigkeit aus den Mündern der Prominenz. Warten auf eine gute Aktion. Warten auf die Wiederherstellung der menschlichen Würde. Warten auf irgendeine gesellschaftsrelevante Erkenntnis. Warten, wer raus muss, weil die Gunst der Zuschauer für sie oder ihn nicht mehr reicht. Warten.

Entzugsklinik RTL: Luxus futsch, Manieren futsch.

Für meinen Geschmack war dieses an Flachheit nicht mehr zu unterbietende Kleingeistkonzept des Produzenten eine Götterdämmerung der besonderen Art. Hier wird nicht nur der gemeine VIP dank seiner Mithilfe vom drittklassigen Stühlchen gestürzt, auch mein Mindestmaß an Unterhaltungsanspruch wird hier mit allzu laxen Füßen getreten. Da wünscht man sich doch inständig das NDR Pausenvideo mit Walross Antje zurück. Das rührt wenigstens an den richtigen Stellen.

2 Gedanken zu „Keine Kunst – kann weg

  1. Antje, das Walross, herrlich! Das waren noch Zeiten! Und jetzt nur noch warten aufs Bonmot…meistens eben ohne Erfolg!
    Feiner Beitrag, gut, dass ich den Sch… nicht sehen musste!

    • Danke!

      Für Bonmots rate ich zum Umschalten auf einen anderen Kanal …

      Und für mehr Antjes, Knuts und wahrhaft Sehenswertes garantieren zum Beispiel verlässlich die Tierdokus von BBC!

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