Apokalypse im Mikrokosmos.
Erschreckende Neuigkeiten über den Rückgang von Insekten: Bienen, Wespen, Käfer, Fliegen und Mücken verlassen allmählich unseren Planeten. Über so manch schlafraubendes Stechtier wird da vermutlich kein Geheul ausbrechen. Zumindest beim gemeinen Fußvolk nicht, das schon mal mit anaphylaktischem Schock oder einfach nur mit Ekel vor Schmeissfliegen auf dem Bäckertörtchen zu tun hatte. Bei allem Verständnis. Aber da erlaub ich mir doch mal ein Zitat von Francis Picabia: Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.
Also. Vielleicht mal sehenden Auges begreifen, dass wir diese Miniaturwesen trotzdem dringend brauchen. Zum Beispiel wenn wir künftig die Bestäubung der Blüten nicht selbst in die Hand nehmen wollen. Polle für Polle versteht sich. Nachrichten wie diese könnten ein ernstzunehmender Aufgesang sein, was uns blüht: uns selbst und den späteren Generationen, die hier naturgemäß nicht mit am Tisch sitzen können und deshalb auf unsere Verantwortung angewiesen sind. Anders die Wirtschaftsbosse und Diplomaten. Sie haben die Entscheidungsgewalt und trudeln in ihren Verhandlungen doch bislang wenig zielführend wie Hummeln im Sinkflug.
Wer genau hat hier ne Meise?
Nochmal in Steno: Kein Mückenschiss auf der Windschutzscheibe ist kein Argument, diese Naturkatastrophe als gelegenen Trend abzutun. Wir haben es hier – so allmählich ahnt es auch der ignorante Wegducker – mit einem verflixt weitgreifenden Phänomen zu tun. Schlimmer noch, eines, das wir als vermeintlich intelligenteste Spezies auf dieser Erde mal schön selbst gesät haben. Unter anderem mit unkrautvernichtenden Chemikalien wie Glyphosat und anderen sogenannten Neonicotinoiden, die nicht umsonst auf dem Index ganz oben stehen und seit Jahren eine Debatte wegen ihres umstrittenen Einsatzes anfeuern. Es wird noch skurriler. In einem Artikel der ZEIT vom 18. Oktober 2017 finden sich weitere Indizien für das hausgemachte Insektensterben: „An 63 verschiedenen Standorten in in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg hatten die Hobby-Entomologen seit 1989 spezielle Netzvorrichtungen aufgestellt, sogenannte Malaise-Fallen, in denen Fluginsekten in einen Sammelbehälter schwirren und dort konserviert werden. In all den Jahren sammelte sich so eine Biomasse von 53,54 Kilogramm. Die Auswertung zeigte: Die jährlich gesammelte Insektenmasse ist innerhalb der vergangenen 27 Jahre um mehr als 75 Prozent geschrumpft.“ Ups!
Weil am Ende die Mäuse zählen.
Politik ist und bleibt ein Wettstreit der Lobbyisten und damit ein Monopoly Spiel, bei dem es vor allem um Mäuse geht. Was sind da schon ein paar Stechmücken und Krabbeltierchen, wenn eine Weichenstellung in der großen Bilanz gefragt ist. Bei Geldmacht hat es Ethik immer schwer. Vielleicht muss unter diesen Vorzeichen auch die Tatsache als blendende Augenwischerei begriffen werden, dass man kurz vor der Supermarktkasse bei einem Einkauf im lauwarmen September schon neben Adventskalendern und Zimtsternen mit Meisenknödeln bedacht wird.
Eigentlich ein Beitrag zur Erhaltung des Ökosystems oder einfacher gesagt: zur Fütterung winterlich darbender Wildvögel. Schöner Versuch, die Knödel ersatzweise mit getrockneten Insekten zu spicken. Ein schwacher Trost für unsere gefiederten Mitbürger. Die globale Erderwärmung – nächste Problemzone – ist jetzt offenbar auch den Handeltreibenden endgültig zu Kopf gestiegen. Wir laufen heiß. So wird das nix!
Feine, nicht zu verschwurbelte Wortakrobatik mit ernstem Hintergrund. Da könnte das Forum gern größer sein. Weiter so!
Erderwärmung und weniger Fliegenschiss auf der Windschutzscheibe des SUV – Die erschreckend vielen Menschen, die das gut finden, scheinen leider nicht auszusterben, sondern sich eher zu vermehren …